Wenn wir unser Umfeld mit den Augen von Jesus sehen und mit ihm hingehen, wo er wirken will, entsteht Gemeinde nah am Lebensmittelpunkt.

Jesus in jeden Ort. Grundsätzlich würde das wohl jeder Christ so unterschreiben. Jeder, der Jesus kennengelernt hat, wünscht sich, dass dieser gute König über jeden Fleck dieser Erde herrscht. Weil dann endlich Frieden einkehrt. Weil Vergebung stattfindet. Weil ganze Orte und Stadtteile sich verändern. Weil Menschen innerlich und äußerlich heil und frei werden. Weil sie anfangen, sich selbst zurückzunehmen und ihren Nächsten im Blick haben. Weil sie ihre Bestimmung finden. Wie genial, wenn Jesus in und an jedem Ort, jedem Stadtteil zu finden wäre. Oder zumindest Menschen, die ihm nachfolgen und seine Agenda leben. Jetzt aber zu uns. Leben wir diesen Wunsch, diese Vision: „Jesus in jeden Ort“? Packt es uns, wenn wir durch Straßen mit Häusern und Menschen fahren und feststellen: Hier ist Jesus nicht? Kennen wir die dort lebenden Menschen überhaupt, um so eine Aussage treffen zu können?

Reich-Gottes-Perspektive statt Vereinsdenken

Unsere Perspektive ist wichtig, wenn wir uns wünschen, dass Jesus in beziehungsweise an jeden Ort kommt. Deshalb ermutige ich stark dazu, die eigene Region aus dem Blickwinkel von Jesus zu sehen.

Was für Gedanken hat er, wenn er die Wohnhäuser, Geschäfte, Vereine, Straßen und damit Menschen in deinem unmittelbaren Umfeld sieht? Wird er – wenn es dort noch keine Gemeinde geben sollte – nach einem freien Bauplatz suchen, sich eine passende Denomination überlegen und dann Christen aus einem anderen Städtchen damit beauftragen, hier etwas Neues aufzubauen, zu dem die Menschen dann (überwiegend sonntags) eingeladen werden? Und dann ist alles gut? Oder sieht Jesus dein Umfeld ganz anders? Was, wenn er selbst in die Wohnhäuser, Geschäfte, Vereine und Straßen gehen will? Wenn er Gemeinschaft mit den Menschen haben will – dort, wo sie sind?

Die ersten Christen haben das lange genauso gemacht. Im Jahr 197 schreibt Tertullian, der frühe Verteidiger der Kirche, an die damaligen Machthaber des Römischen Reiches über die Ausbreitung der Jünger:

„Wir sind zwar von gestern, doch haben wir alle Räume erfüllt, die euch gehören: Die Städte und Inseln, Burgen und Märkte, Zollstationen und selbst die Militärstützpunkte, die Stämme, die Stadträte, den Kaiserpalast, den Senat und die Geschäftswelt; wir haben euch nichts übrig gelassen als eure Tempel!“

Jesus will dorthin, wo die Menschen sind. Er will an jeden Ort in meinem und deinem Umfeld. Und dabei denkt er an sein Reich und nicht (unbedingt) an gekaufte oder gemietete Räumlichkeiten für einen Sonntagsgottesdienst, samt Teeküche und Schaukasten. Wer mit Reich-Gottes-Perspektive denkt, dem geht es nicht um den eigenen Verein oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine Denomination.

Wer mit Reich-Gottes-Perspektive denkt, jubelt, wenn irgendwo eine neue Gemeinschaft das Licht der Welt erblickt und Menschen anfangen, in der Bibel zu lesen und das Gelesene dann auch noch im Alltag umzusetzen. Das ist ein Grund für Freudensprünge und kein Stein des Anstoßes. Wenn eine solche Gemeinschaft dann irgendwann auch noch anfängt, Abendmahl zu feiern, (weil sie das in der Bibel entdeckt hat), freut sich Jesus, dass sie an sein größtes Opfer denken, und er überlegt nicht, ob sie das einfach so dürfen.

Deshalb noch einmal: Unsere Perspektive ist wichtig! Es ist wichtig, dass wir das Reich Gottes vor Augen haben. Dass wir unser Umfeld mit den Augen von Jesus sehen und dann mit ihm dorthin gehen, wo er wirken will.

Lebe Gemeinde dort, wo du auch lebst!

Meine persönliche Meinung ist, dass man Gemeinde nur dort leben kann, wo man auch selber lebt. Gemeinde ist eine herzliche, eine stark verbundene Gemeinschaft, die man nur vor Ort leben kann. Und Ort heißt nicht immer nur Wohnort, sondern auch Arbeitsplatz oder Schule oder Uni. Gemeinde kann man nur da leben, wo man den eigenen oder einen von mehreren Lebensmittelpunkten hat. Andernfalls ist man Besucher einer Veranstaltung an einem fremden Ort – überspitzt ausgedrückt.

Natürlich kann man auch in der Fremde kurzzeitige Gemeinschaft mit anderen Christen haben und sich verbunden fühlen. Man ist dann nur losgelöst von seinem natürlichen Umfeld. Wie sollte man so Alltag teilen? Wie könnte man andere wirklich ins eigene Leben hineinschauen lassen, wenn sie kein Teil dessen sind? Wie wollte man Gastfreundschaft üben? Wie wollte man auf alltägliche Weise Besitz mit den anderen teilen, indem man Auto oder E-Scooter oder Motorsäge oder WLAN-Passwort „mal eben“ verleiht?

Damit hängt auch zusammen, wie du von deinem Umfeld wahrgenommen wirst. Bist du Teil des Ortes oder Stadtteils in dem du wohnst? Wirst du im Treppenhaus deines Mehrfamilienhauses von deinen Nachbarn erkannt und gegrüßt? Kennen dich andere Eltern, wenn du dein Kind zum Kindergarten, zur Schule oder zum Sport bringst? Wie viele Menschen grüßt du, wenn du auf der Straße unterwegs bist? Dienst du deinem Stadtviertel oder deinem Wohnort? Kennst du die Nöte, die Schwierigkeiten und Probleme in deinem Umfeld?

Viele dieser Fragen machen deutlich, wie wichtig es ist, dass Gemeinde beziehungsweise Gemeinschaft in räumlicher Nähe zu unserem Lebensmittelpunkt existiert, weil wir nur dann ganzheitlich Gemeinde und Gemeinschaft leben können. Ich habe vor Kurzem mit einem Weserbergländer gesprochen, der in der Nähe einer unserer Gruppen lebt. Als ich ihn fragte, ob er unsere Leute kennt, kam eine Antwort, die mich richtig glücklich gemacht hat: „Das sind doch die, die sich immer gegenseitig helfen!“ Dazu passt Johannes 13,35 dann wie die Faust aufs Auge: „An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid“ (NGÜ).

Ausbreitung in der Region

Früher haben wir uns eher bemüht, den Einzugsbereich unserer Gemeinden zu vergrößern – je mehr kamen, desto größer und besser. Uns ist jetzt aber wichtig geworden, dass nicht einzelne Gruppen größer werden, sondern an anderen Orten in der Region neue Gemeinden beziehungsweise Gemeinschaften entstehen. Daran wollen wir mitwirken.

Oft werde ich gefragt, ob man nicht mal unseren Gottesdienst besuchen kann. Dann druckse ich herum und versuche zu erklären, dass das eigentlich nicht geht, da wir nicht Einzelne zu unseren Gottesdiensten einladen. Da es meist keinen festen Ort für unsere Treffen gibt, ist es für einen Besucher ohne vorherige persönliche Absprache ohnehin schwierig, „mal eben“ dazuzustoßen. Wenn jemand echtes Interesse hat, versuchen wir vielmehr, eine neue Gruppe in dessen Umfeld zu starten, anstatt die Person in eine schon bestehende Gemeinschaft zu integrieren. Obwohl es da natürlich situationsbedingte Ausnahmen gibt.

Unsere Gemeinschaft soll Christen ermutigen

„Gottesdienst besuchen“ wurde in den Gruppen hier in der Region zu „Gemeinschaft haben“ oder „Gottesdienst machen“, wie es meine Kinder immer auszudrücken pflegen. „Wo machen wir heute Gottesdienst?“ ist in unserer Familie eine häufig gestellte Frage am Sonntagmorgen. Unsere Gottesdienste sind nicht gäste- oder sucherorientiert, sondern sollen Christen ermutigen. Nachfolger von Jesus werden bestärkt und fähig gemacht, wieder neue Gruppen ins Leben zu rufen. So läuft man wenig Gefahr, dass Besucher – auch aus einem größeren Umfeld – Teil dieser Gemeinschaft werden wollen. Man kann also keinen normalen Gottesdienst besuchen, aber man kann eine neue Gruppe gründen. Damit Jesus in und an jeden Ort kommt.

Unser Ziel ist, dass unsere Region auf diese Weise von Gemeinschaften durchdrungen wird. Von Gemeinschaften, die bei den Menschen selbst entstehen und nicht Parallelwelten mit eigenen Strukturen erzeugen. Gemeinschaften, die durch ihre Liebe untereinander Jesus selbst sichtbar machen. Einerseits entstehen neue Gemeinschaften somit im Umfeld schon existierender Gruppen, andererseits haben wir als regional arbeitendes Team auch die gesamte Region im Blick. Mit viel Gebet schicken wir Menschen und Teams gezielt an Orte, an denen es noch keine Gemeinschaften gibt – pflanzen also eine kleine Pflanze, die sich in einem Bereich ausbreiten kann, sich vervielfältigt und dabei Unterstützung aus unserem Netzwerk in der Region bekommt.

Foto von Valiant Made

Christian

…ist vom Thema „Rettung“ begeistert, egal ob beim Gründen neuer Gruppen oder der Feuerwehr. Als Teil des Team Weserbergland gestaltet er das Netzwerk in der Region mit und bringt sich in der DIM in der Öffentlichkeitsarbeit ein.

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