Durch ein spannendes Online-Training mit dem Südafrikaner David Broodryk hat David Schäfer neue Spuren für Jesusbewegungen in Städten entdeckt.
Eine Frage hatten wir damals nicht im Blick, als David Watson uns 2008 und 2010 erzählte, wie Gott ihn gebraucht hatte, um eine Bewegung unter den Bhojpuri im Nordosten Indiens zu initiieren. Er erläuterte uns die Prinzipien von Bewegungen: wie etwa auf Gehorsam konzentrierte Jüngerschaft, Ablauf eines Entdeckerbibelstudium oder einfache, sich multiplizierende Gemeinden. Ebenso lernten wir, wie wichtig Gebet in dem Ganzen ist.
Nicht zur Sprache kam damals aber die Frage: Wodurch war die Bewegung anfangs in Gang gekommen? Wie war sie gestartet? Hatte David Watson in allen möglichen Dörfern Entdeckerbibelstudiengruppen begonnen? Drei oder vier pro Tag? An fünf Tagen in der Woche? Oder ist er selbst von Dorf zu Dorf gezogen, um (nach Matthäus 10 oder Lukas 10) Personen des Friedens zu finden? Hat er sie vielleicht gecoacht, um Entdeckerbibelstudiengruppen zu leiten? Nein. So hat es in Indien ganz sicher nicht angefangen. David Watson wohnte nicht einmal vor Ort. Was aber tat er dann?
Brauchen wir Allroundtalente?
Wenn man nicht aufpasst, könnte man leicht denken, dass zum Start einer Bewegung jeder die eierlegende Wollmilchsau sein muss. Sprich: Jeder sollte ganz natürlich mit jedem Menschen ins Gespräch über Gott kommen. Wenn eine Person Offenheit für den Glauben zeigt, sollte jeder ihr beibringen können, wie man eine Gruppe leitet, und sollte sie danach coachen und zu einem Leiter von Leitern ausbilden können. Gleichzeitig sollte die Person strategisch begabt sein, um zu erkennen, welche Gebiete als Nächstes dran sind, und talentiert genug, um neue Mitarbeiter dafür zu gewinnen, zu schulen und zu begleiten.
„Evangelisten haben meist keinen einzigen strategischen Knochen im Körper.“
Ich weiß nicht, wie es dir geht: Aber Leute, die all das können, sind in meinem Umfeld sehr spärlich gesät. Wenn ich ehrlich bin, fällt mir nur eine einzige Person ein, auf die die genannten Eigenschaften vielleicht zutreffen. Ja, ich kenne evangelistisch begabte Menschen, die nichts lieber machen, als möglichst oft mit Menschen über Jesus zu reden und dabei auch deutlich mehr Frucht sehen als andere. Aber die meisten von ihnen gehen dabei alles andere als strategisch vor. Ein Mentor von mir sagte mal: „Evangelisten haben meist keinen einzigen strategischen Knochen im Körper.“
Evangelistisch begabten Menschen liegt es zudem selten, andere in der weiteren Jüngerschaft zu begleiten. Und auf der anderen Seite habe ich scharfe strategische Denker kennengelernt, die kluge evangelistische Vorgehensweisen austüfteln können, sich selbst aber regelrecht aufraffen müssen, um mal wieder mit jemandem über Jesus zu sprechen. Die Frage ist: Muss jeder wirklich alles können?
Von Fußballern und Trainern
Nehmen wir zum Vergleich mal einen erfolgreichen Fußballtrainer: Jürgen Klopp. Er glaubt an Jesus und ist ein genialer Trainer. Tolle Mischung. Interessant ist, was Jürgen Klopp über seine eigene Entwicklung vom mittelmäßigen Zweitliga-Spieler zu einem der besten Trainer der Welt sagt: „Ich war als limitierter Fußballer unterwegs. Von der Einstellung her war ich erste Liga, vom Talent her vierte. Heraus kam die zweite“, sagte er im August 2020. „Ich war ganz gut darin, ein Spiel zu lesen und hatte schon auch sensationelle Ideen, was ich gleich Fantastisches mit dem Ball anstellen werde. Aber der Weg vom Kopf zu den Beinen war bei mir nicht nur Meter-technisch ein weiter.“ Heißt im Klartext: Klopp musste selbst kein Top-Fußballer gewesen sein, um später als Trainer deutscher und englischer Meister zu werden und die Champions League zu gewinnen.
Und was bedeutet das jetzt für Bewegungen in Deutschland?, fragst du dich vielleicht. Sehr viel, wie ich meine. Denn ich glaube: Nur wenn wir wissen, was wir tun sollten und wer was tun sollte, kommen wir wirklich weiter. David Watson und viele der anderen erwähnten Akteure waren und sind auf ihrem Feld nicht zugleich Stürmer, Verteidiger, Mittelfeldspieler, Torwart, Coach und Physiotherapeut.
Katalysatoren für Bewegungen
Wo aber fangen wir an? Wie gehen wir vor, um eine Bewegung zu initiieren? Hinzu kam in meinem Kontext die Frage: Müssten wir in Städten nicht noch ganz andere Wege gehen? Denn auch David Watsons Bewegung in Indien unter den Bhojpuri geschah in einer ländlichen Region.
Mit all diesen Fragen wurde ich im Frühjahr letzten Jahres eingeladen, an einem „City-Catalyst-Training“ teilzunehmen. Veranstaltet wurde es von David Broodryk, einem südafrikanischen Trainer in Sachen Jesusbewegungen. Er hat schon in verschiedenen afrikanischen Ländern Bewegungen erlebt. Gemeindegründer, die aktuell in England, Ungarn, Spanien, Griechenland, Russland, Deutschland und drei afrikanischen Ländern beheimatet waren, trafen sich 15 Wochen lang online für ein Training mit David Broodryk. Er erklärte uns zunächst, warum Großstädte ganz anders funktionieren als ländliche Regionen und stellte dann eine wichtige Frage: „Was müssen wir tun, um wirklich eine ganze Stadt zu erreichen?“
„Was müssen wir tun, um wirklich eine ganze Stadt zu erreichen?“
Gemeint ist nicht: Wie starte ich eine Hausgemeinde in einem Stadtteil mit Menschen aus einer Kultur und einer Sprache, sondern: Wie erreichen wir wirklich eine ganze Stadt? Und dann erklärte er uns die Rolle eines sogenannten „Catalysts“. Ein Katalysator ist in der Chemie ein Stoff, der Reaktionen herbeiführt oder beschleunigt. Im übertragenen Sinne bezeichnet Catalyst jemanden, der Jesusbewegungen anschiebt und fördert.
Superhelden finden
Im Training ging es um Fragen wie: Wodurch kommt eine Bewegung in Gang? Welche Rollen braucht es in diesem komplexen System? Denn klar ist: Wenn wir versuchen, gleichzeitig als Torhüter, linker Außenverteidiger und Stürmer zu spielen und dabei noch die Mannschaft zu coachen, werden wir nicht weit kommen.
Gelernt habe ich von David Broodryk, dass es hilfreich ist, wenn ein Catalyst eine strategische Rolle übernimmt. Er versucht, sogenannte „Champions“ oder „Superhelden“ zu finden, die ein bestimmtes Anliegen im Reich Gottes auf dem Herzen haben. Mal ist es direkt das missionarische Anliegen für einen bestimmten Stadtteil, mal wird eine bestimmte Not gesehen: Kinder brauchen Vorbilder, Flüchtlinge eine Perspektive oder soziale Ungerechtigkeit soll ausgeräumt werden.
Ein Superheld muss dabei anfangs noch gar kein Christ sein. Aber eins haben fast alle Helden gemein: Sie haben selten jemanden, der sie ermutigt und unterstützt, mit ihnen Dinge reflektiert oder sie mit Menschen vernetzt, die ihnen weiterhelfen können. Und hier kommt der Catalyst ins Spiel: Er oder sie ermutigt die Superhelden, vernetzt sie, hilft ihnen, andere auszurüsten, und motiviert sie, den Problemen und Nöten der Menschen in der Stadt zu begegnen und auch, ihnen Jesus zu bringen – denn Jesus ist derjenige, der uns Vision und tiefen Lebenssinn und in der Arbeit Kraft und Gelingen schenkt.
Jesus ist derjenige, der uns Vision, tiefen Lebenssinn, Kraft und Gelingen schenkt.
Ich sage gern zu meinen Helden: „Lass mich für dich ein Grillanzünder sein.“ Oft ist das Feuer in diesen Helden für das, was ihnen eigentlich auf dem Herzen liegt, verloschen oder es fehlt an Mut, etwas Neues zu wagen. Hier führt die Begleitung durch einen Catalyst oft dazu, dass Menschen wieder anfangen, für Jesus und das Anliegen, das er ihnen ins Herz gegeben hat, zu brennen. Und wenn der Catalyst dann auch noch Menschen mit ähnlicher Vision vernetzt, die sich vorher überhaupt nicht kannten, feuern diese sich gegenseitig an.
Mich persönlich hat all das auf eine spannende Reise gebracht. Als ich mich Woche für Woche mit den anderen Teilnehmern traf und mich mit den Inhalten auseinandersetzte, sagte ich zu Gott: „Wenn du willst, dass ich solche Helden begleite, ermutige und fördere, dann musst du sie mir zeigen.“ Noch in den ersten Wochen des Trainings meldete sich ein alter Freund, von dem ich sicher zehn Jahre nichts mehr gehört hatte. Er wurde zu einem meiner ersten Helden. Inzwischen unterhalten wir uns alle zwei Wochen, ich ermutige und coache ihn und bin ich immer wieder platt, was Gott alles durch ihn tut. Eine große Freude! Und noch bevor das mehrere Monate dauernde Training endete, hatte ich mindestens vier solcher Helden gefunden.
Einer der nächsten Schritte wird der Aufbau eines Catalyst-Teams für Hamburg sein, in dem wir gemeinsam schauen, wie wir noch mehr Superhelden finden und ihnen helfen können, die unterschiedlichen Nöte der Menschen zu adressieren und gleichzeitig neue Gruppen zu starten. Das große Ziel: eine echte Bewegung in einer Metropole wie Hamburg zu erleben.
David Schäfer
…lebt mit seiner Familie in Hamburg-Bergedorf und liebt es, missionarisch gesinnte Christen und Gemeinden zu trainieren und zu coachen. David leitet den Movement Verlag und bringt als Verleger Bücher zum Thema Bewegungen heraus.
Mehr Inspiration
Wie kann ich meine apostolische Gabe erkennen?
Wenn der Apostel in voller Blüte steht, ist die apostolische Gabe einfach zu erkennen, schwieriger ist es bei jüngeren Leuten. Paulus, Petrus, Johannes und die anderen Apostel mussten erst durch eine Schule gehen, bis ihre apostolische Begabung zur vollen Reife kam...
Aquila und Priscilla
Vor 20 Jahren berief Gott meine Frau und mich ins Weserbergland, um dort Menschen für ihn zu gewinnen. Damit begann mein Weg zur Entdeckung meiner apostolischen Begabung. Ich habe so viel gelernt darüber, wie Gott Menschen in ihre Berufung führt...
Spenden
Wenn du von Jesusbewegung.net profitierst und uns etwas zurückgeben möchtest, dann darfst du das gern via PayPal tun.
Möchtest du uns mit 25€, 50€ oder 100€ unterstützen? Trag gern deinen eigenen Betrag ein.
VIDEOTRAINING
Nichts mehr verpassen!
Du möchtest unsere Artikel regelmäßig per Email direkt in dein Postfach bekommen? Trag dich für unseren Newsletter ein!
Das könnte dir auch gefallen
Vor 20 Jahren berief Gott meine Frau und mich ins Weserbergland, um dort Menschen für ihn zu gewinnen. Damit begann mein Weg zur Entdeckung meiner apostolischen Begabung. Ich habe so viel gelernt darüber, wie Gott Menschen in ihre Berufung führt...
Die zweite Jesusbewegung-Konferenz haben etwa 50 Teilnehmer besucht. Gemeinsam haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie Jüngerschaft aussehen kann und wo sie bei jedem von uns beginnen muss, bevor wir andere Menschen zu Jesus führen können...
Ein Grund, warum effektive Bewegungsstarter eine Jüngerschaftsbewegung starten, liegt hinter den Kulissen verborgen. Ihre tiefste Sehnsucht war Gott. Ihr Hunger nach Gott war tiefer als ihr Hunger nach einer Bewegung...