Ein Ehepaar aus dem Neuen Testament, wie wir es uns für jedes Gemeindegründungsprojekt wünschen würden.

Viermal in 15 Jahren zogen sie um, davon einmal unfreiwillig. Sie lebten in drei der größten Metropolen des Reiches und ihr Name hatte im ganzen Netzwerk der Gemeinden einen guten Klang – bis zum heutigen Tag. Unzählige gingen durch ihr Haus, saßen an ihrem Tisch und schütteten ihnen ihr Herz aus und begegneten dort Jesus. Priscilla und Aquila, ein außergewöhnliches Ehepaar – oder wie hätten sie sich selbst gesehen?

Paulus hat ihnen in dreien seiner Briefe ein Denkmal gesetzt. Kaum eine andere Person kommt so oft in seinen persönlichen Grüßen vor. Dabei fing alles wohl mit einer (sicherlich von Gott arrangierten!) Zufallsbegegnung an.

Beruf, Dienst und Freundschaft

Entgegen seiner Gewohnheit, im Team zu arbeiten, gelangte Paulus auf seiner zweiten Reise alleine von Athen nach Korinth. Wahrscheinlich suchte er Anschluss an die Gemeinschaft der Juden, wie es sie meist in den größeren Städten gab.

„Dort lernte er Aquila kennen, einen Juden, der aus der Landschaft Pontus stammte. Kurz vorher war er zusammen mit seiner Frau Priscilla aus Italien gekommen, weil Kaiser Klaudius ein Gesetz erlassen hatte, das alle Juden aus Rom verbannte. Paulus suchte die beiden auf und weil er das gleiche Handwerk wie sie ausübte – sie waren Zeltmacher –, blieb er dort und arbeitete mit ihnen zusammen“ (Apg 18,2-3).

Hier in ihrer Werkstatt, bei der gemeinsamen Arbeit, wurde offenbar im wahrsten Sinn des Wortes eine lebenslange Freundschaft geknüpft. Der gemeinsame Beruf brachte sie zusammen, der gemeinsame Dienst für Gott und eine tiefe Freundschaft hielten sie zusammen!

Einige Jahre später, die beiden leben inzwischen wieder in Rom, schreibt Paulus: „Für mein Leben haben sie ihren Kopf hingehalten. Nicht nur ich habe ihnen dafür zu danken, sondern auch alle nichtjüdischen Gemeinden“ (Röm 16,4). Wir wissen nicht, was für eine Situation Paulus hier anspricht, doch die Bemerkung unterstreicht den Einsatz des Ehepaares für Paulus und wie stark ihre Beziehung von Liebe und Wertschätzung geprägt war.

Große Mobilität

Es ist nicht klar, ob die beiden schon seit ihrer Zeit in Rom Jesus nachfolgten oder ob sie ihn durch Paulus kennenlernten. Klar ist aber, dass ihr Leben von nun an anders verlief. Sie boten Paulus Gemeinschaft und einen Arbeitsplatz und im Gegenzug nahm er sie mit hinein in seine große Mission.

Mehr als anderthalb Jahre lang (Apg 18,11.18) erlebten sie den Apostel und sein Team (inzwischen waren Silas und Timotheus dazugestoßen, vgl. Apg 18,5) in allen Höhen und Tiefen der Missionsarbeit und Gemeindegründung in Korinth. Was Paulus Jahre später im Rückblick an Timotheus schreibt, hat bestimmt auch dieses Ehepaar erlebt: „Was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren!“ (2.Tim 2,2). Hier beschreibt er Jüngerschaft als sein Ausbildungs- und Trainingsprinzip, das er im Lauf seines Dienstes immer konsequenter umsetzte. Aquila und Priscilla wurden offensichtlich davon geprägt.

Zunächst führte die Zusammenarbeit mit Paulus sie zu ihrer nächsten Station – was einen weiteren Umzug bedeutete, diesmal im Team mit dem Apostel (Apg 18,18-19). Im Spätsommer des Jahres 51 n. Chr. kamen sie von Korinth nach Ephesus. Schon nach kurzer Zeit zog es Paulus jedoch weiter nach Jerusalem und Antiochia. Er überließ die Verantwortung für die aufblühende Missionsarbeit innerhalb der jüdischen Synagoge dem inzwischen erfahrenen und bewährten Ehepaar, dem er vertrauen konnte. Ob das von vornherein so geplant war? Von den beiden erforderte es jedenfalls ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität!

Wie schon erwähnt, finden wir sie Jahre später wieder in Rom und dann nochmals in Ephesus (2.Tim 4,19). Priscilla und Aquila waren als Stadtmenschen des ersten Jahrhunderts in den Metropolen des Reiches zu Hause!

Erster Jünger zweiter Generation

An dieser Stelle kommt nun Apollos ins Spiel, ein begabter Prediger, der unvermittelt in Ephesus auftaucht. Warum wird er so ausführlich (Apg 18,24-28) erwähnt? Er ist schließlich kein direkter „Jünger“ von Paulus, sondern Priscilla und Aquila waren es, die Apollos offenbar auf dieselbe Art und Weise ausbildeten und prägten, wie sie es bei Paulus erlebt hatten: Sie führten ihn zum Glauben, erklärten ihm Kreuz und Auferstehung Jesu und verbrachten mit ihm viel Zeit im häuslichen Rahmen in persönlicher Jüngerschaft.

Apollos war damit einer der Ersten, die Paulus in zweiter Generation – nämlich durch seine Mitarbeiter – prägte und durch die er sich so vervielfältigte. Apollos‘ missionarisches Vorgehen in Korinth (Apg 18,28) spiegelt in der Folge Paulus‘ eigene Strategie wider (Apg 17,2-3).

Priscilla und Aquila zeigen, was sie von Paulus gelernt haben: Menschen das weiterzugeben, was sie selbst gelernt und erfahren haben, sie auf diese Weise zu prägen und zu Jüngern von Jesus zu machen. Solche Mitstreiter kann man sich nur wünschen!

Von Priscilla und Aquila lesen wir im weiteren Verlauf der Apostelgeschichte nichts mehr, doch die oben erwähnten Grüße in drei Paulusbriefen fügen dem Bild einige Details hinzu. Gegenüber den Christen in Rom nennt er sie ausdrücklich „meine Mitarbeiter in Christus Jesus“ (Röm 15,3), was auf ihre wichtige Rolle im apostolischen Team des Paulus hinweist.

Auch andere Personen bezeichnet er so, manchmal auch als „Mitarbeiter Gottes“, „am Evangelium“ oder „am Reich Gottes“. In jedem Fall sind es Menschen, mit denen Paulus in konkreten Projekten oder einer missionarischen Initiative vor Ort direkt zusammenarbeitete.

Bei Priscilla und Aquila sticht ihre Hilfsbereitschaft und ihr Einsatz für Paulus hervor. Man könnte sagen, dass der Apostel zu Anfang ihr Mitarbeiter im Zeltmacherbetrieb ist und sie später sozusagen die Plätze tauschen und sie zu Mitarbeitern von Paulus werden. Darin zeigt sich ihre Demut und Teamfähigkeit – Eigenschaften, die in einem teamorientiert arbeitenden Missionswerk unverzichtbar sind.

Es überrascht uns nicht, wenn Paulus in seinen Grüßen eine „Gemeinde in ihrem Haus“ erwähnt – einmal in Ephesus (1Kor 16,19) und einmal in Rom (Röm 16,5). Gastfreundschaft zeichnet dieses Ehepaar in besonderem Maße aus. So wie sie Paulus und Apollos ganz selbstverständlich in ihren Haushalt aufgenommen haben, werden sie es auch mit den neu entstandenen Hausgemeinden getan haben. In den ersten Jahrhunderten gab es weder Kirchengebäude noch Gemeindehäuser und das Christentum war eine Bewegung von Haus zu Haus.

Partner im Team

Ein interessantes und keineswegs unbedeutendes Detail: Es werden durchweg beide Namen des Ehepaares genannt. Das ist ungewöhnlich in der patriarchalisch geprägten Kultur des ersten Jahrhunderts. Sie sind ein Ehepaar, das miteinander im Team funktioniert – außergewöhnlich. Und mehr noch: In der ersten Erwähnung des Ehepaares heißt es: „Aquila (…) zusammen mit seiner Frau Priscilla“. (Apg 18,2) Und im weiteren Verlauf lesen wir mehrmals die Reihenfolge „Priscilla [bzw. Prisca] und Aquila“. Es deutet darauf hin, dass Priscilla sogar eine größere Rolle gespielt hat als Aquila, wenn sie hier öfter als Erste genannt wird.

Die beiden lebten offenbar ihre Ehebeziehung in einem echten Miteinander in gegenseitiger Wertschätzung und Ergänzung – und das hob sich deutlich ab vom Mainstream sowohl der römischen als auch jüdischen Gesellschaft jener Zeit. Damit wird ein Zeichen gesetzt und sie bleiben ein Vorbild bis zum heutigen Tag!

Wenn wir Mitstreiter für apostolische Teams oder Mitarbeiter für ein Gemeindegründungsprojekt suchen, dann wären Leute wie Priscilla und Aquila wohl unsere erste Wahl! Ein Freund benutzt immer ein Akronym, mit dem er solche Menschen beschreibt. Leider funktioniert es nur auf Englisch: Er sagt: „You need FAT people“ – auf Deutsch also: „Du brauchst fette Menschen“. FAT steht dabei für FAITHFUL (treu, gewissenhaft), AVAILABLE (bereit, erreichbar), TEACHABLE (belehrbar, lernbereit). Das alles und noch mehr verkörperte dieses Ehepaar aus dem östlichen Mittelmeerraum des ersten Jahrhunderts. Die beiden hätten wohl ungläubig den Kopf geschüttelt, wenn man ihnen erzählt hätte, dass ihre  Namen noch im 21. Jahrhundert als Inspiration und Vorbild genannt werden.

(Das Beitragsbild wurde mit KI erstellt und zeigt keine realen Personen)

Wolfgang Klöckner

…lebt und arbeitet seit vielen Jahren mit seiner Frau Ute im Allgäu, wo sie die Gründung und den Aufbau einiger Gemeinden gestartet und unterstützt haben. Sie begleiten und fördern verschiedene missionarische Projekte in der Region. Wolfgang engagiert sich darüber hinaus im Vorstand der Deutschen Inlandmission (DIM).

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