Ich habe mit vielen Leitern gesprochen, die eine Bewegung gestartet haben. Einige habe ich gecoacht, andere interviewt oder systematisch befragt. Mehr als 170 solcher Leiter, die eine Bewegung mit mehr als 100 Gemeinden ins Leben gerufen haben, haben an einer oder mehreren meiner Studien teilgenommen. Daraus ergibt sich ein ziemlich klares Bild: Wo immer es eine Bewegung gibt, findet man einen Leiter mit bestimmten Eigenschaften. Überall auf der Welt haben effektive Bewegungsinitiatoren bestimmte Eigenschaften und Kompetenzen gemeinsam, die immer wieder auftauchen und es ihnen ermöglichen, Bewegungen zu initiieren. Braucht es also die richtige Person, um eine Bewegung in Gang zu setzen? Und doch gibt es auch ein anderes Bild: Die meisten (wenn auch nicht alle) Bewegungen wurden durch eine der verschiedenen Bewegungsmethoden ausgelöst. Kommt es also auf die richtige Methode an, um eine Bewegung zu starten?
In diesem Artikel werde ich Daten von Jüngerschaftsbewegungen in 15 verschiedenen Ländern verwenden, um diese Frage zu beantworten. Außerdem beschreibe ich die Eigenschaften, die Bewegungsstarter in die Lage versetzen, eine Bewegung zu initiieren.
Dazu habe ich erfolgreiche Bewegungsstarter befragt, um herauszufinden, welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten diese Leiter besitzen, die eine Bewegung nachhaltig in Gang gebracht haben. Daraus ergab sich das Profil eines erfolgreichen Bewegungsinitiators mit elf Eigenschaften und Kompetenzen, die alle Teilnehmer der Studie nach eigenen Angaben besitzen. Sie sind in der folgenden Tabelle aufgeführt, wobei die Definitionen ebenfalls von den befragten Leitern formuliert wurden.
Hunger nach Gott | Bewegungsstarter sind hungrig nach einer tiefen Beziehung zu Gott, sie sehnen sich danach, ihn immer mehr zu lieben und sie streben danach, Gottes Stimme zu hören und ihr zu gehorchen. |
Erwartungsvoller Glaube | Bewegungsstarter erwarten von Gott, dass er eine Bewegung unter ihrer Volksgruppe entstehen lässt und bald viele errettet; sie glauben fest daran, dass Gott seine Kraft durch ihr Leben zeigt. |
Selbstbewusstsein | Bewegungsstarter fühlen sich in ihren geistlichen Gaben und Fähigkeiten sicher und strahlen Selbstbewusstsein aus. |
Drang nach Verantwortung | Bewegungsstarter fühlen sich verantwortlich für die Menschen, denen sie dienen und dafür, ihnen die frohe Botschaft zu bringen. Dieses Verantwortungsgefühl motiviert sie. |
Verlässlichkeit | Bewegungsstarter sind zuverlässig und vertrauenswürdig. Andere können sich auf sie verlassen. |
Beharrlichkeit | Bewegungsstarter sind hartnäckig, wenn es um Herausforderungen und Schwierigkeiten geht. Sie geben nicht auf. |
Bevollmächtigung zum Dienst | Bewegungsstarter ermächtigen und befähigen Einheimische dazu, Schlüsselpersonen zu werden, indem sie von Anfang an Verantwortung und Autorität übertragen und ihre Gaben entwickeln. |
Vertrauen auf den Heiligen Geist | Bewegungsstarter vertrauen auf den Heiligen Geist und erwarten von ihm, dass er sein Werk im Leben aller Kinder Gottes tut und sie befähigt, seinen Geboten zu folgen. |
Vertrauen in die Autorität der Bibel | Bewegungsstarter haben großes Vertrauen in die Bibel als ihr Handbuch für Bewegungen und sind sich zutiefst ihrer Kraft bewusst, das zu erreichen, was Gott will. |
Die Überzeugungen von anderen prägen | Bewegungsstarter sprechen oft über ihre wichtigsten Werte und Überzeugungen, denken gemeinsam mit anderen über ihre moralischen Konsequenzen von Entscheidungen nach und betonen, wie wichtig es ist, für das zu leben, wofür man geschaffen wurde. |
Vision inspirieren | Bewegungsstarter vermitteln eine überzeugende Zukunftsvision und sprechen begeistert darüber, was getan werden muss, um eine wachsende Bewegung zu sehen. Sie bringen ihre Zuversicht zum Ausdruck, dass Ziele erreicht werden. |
Diese Eigenschaften befähigen Leiter, eine Jüngerschaftsbewegung in Gang zu setzen – ich nenne sie „katalytische Eigenschaften“. Jeder einzelne Teilnehmer meiner Studie antwortete auf die Frage: „Stimmen Sie zu, dass diese Beschreibung ziemlich oft oder häufig, wenn nicht sogar immer auf Sie zutrifft?“ mit einem klaren: „Ja, voll und ganz! Um es negativ zu formulieren: Es gibt keinen Initiator einer Bewegung (zumindest nicht unter den Befragten), der nicht alle diese Eigenschaften durchgängig aufweist.
Im Laufe meiner Forschungen habe ich weitere Eigenschaften und Fähigkeiten entdeckt, die die meisten erfolgreichen Bewegungsstarter auszeichnen. In diesem Artikel konzentriere ich mich jedoch auf die Eigenschaften, die allen solchen Leitern gemeinsam sind.
Wo immer eine Bewegung entsteht, gibt es einen Bewegungsstarter mit bestimmten Eigenschaften – den katalytischen Eigenschaften.
Ist unsere Frage damit beantwortet? Die Daten sprechen eine klare Sprache. Wo immer eine Bewegung entsteht, gibt es einen Bewegungsstarter mit bestimmten Eigenschaften – den katalytischen Eigenschaften.
Um eine Bewegung in Gang zu setzen, braucht es die richtige Person, den richtigen Menschen, den richtigen Bewegungsstarter .
Welche Rolle spielt die richtige Methode bei der Entstehung von Bewegungen?
Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Bewegungen nicht durch eine bestimmte Methode initiiert werden. Erfolgreiche Bewegungsstarter wenden unterschiedliche Methoden an. Ein Viertel der Leiter, die an meiner Untersuchung teilgenommen haben, wollten oder konnten die Frage nach ihrer Methode nicht beantworten. Dies deutet darauf hin, dass sie wahrscheinlich zögern, ihre Methode „in eine Schublade zu stecken“.
Mehr als die Hälfte der Befragten beschrieb ihren Dienstansatz mit ihren eigenen Worten, anstatt ihn direkt mit „DMM“ (Disciplemaking Movements), „T4T“ (Training for Trainers) oder einem anderen der bekannten Jüngerschaftsansätze zu benennen. Oft beschreiben sie eine Kombination von zwei oder mehr verschiedenen Ansätzen. Das bedeutet, dass die meisten effektiven Bewegungsstarter ihren jeweiligen Ansatz an die Besonderheiten ihres Kontextes angepasst haben. Meine Forschung unterstützt nicht die oft gemachte Behauptung, dass ein bestimmter Dienstansatz genau befolgt werden muss, um eine Bewegung zu erleben.
In einer Studie über 35 Bewegungen in der muslimischen Welt wurden die Bewegungen mit Hilfe von diversen Bewegungsmethoden in Gang gesetzt. Bei allen Vorgehensweisen handelte es sich jedoch um multiplikative Ansätze für Bewegungen mit folgenden gemeinsamen Prinzipien: kulturelle Kontextualisierung, gehorsamsorientierte Jüngerschaft, Hausgemeinden, Multiplikation, Training von Multiplikatoren sowie reproduzierbare Methoden und Ressourcen.
Die zweite Erkenntnis können wir daher wie folgt zusammenfassen: Fast alle effektiven Bewegungsstarter verwenden in ihrem missionarischen Dienst multiplikative Ansätze, die für eine Bewegung förderlich sind.
„Die richtige Person oder die richtige Methode?“ – Bevor ich diese Frage beantworte, eine kurze Klarstellung. Einige Leser werden vielleicht schnell einwenden: „Es ist weder das eine noch das andere. Es ist Gott, der souverän missionarische Bewegungen in Gang setzt“. An dieser Stelle möchte ich nur sagen, dass alle effektiven Bewegungsinitiatoren auf Gottes Wirken bei der Entstehung und dem Wachstum von Bewegungen hinweisen. Manche bekennen: „Es war eine Menge harte Arbeit, aber ohne Gottes Wirken gäbe es keine Bewegung“. Andere betonen vor allem den menschlichen Faktor: „Gott hat unter uns gewirkt, aber ohne unsere beharrliche und harte Arbeit wäre die Bewegung nicht entstanden“. Beide haben Recht – es ist ein Sowohl-als-auch.
Richtige Person oder richtige Methode?
Was bedeutet das für uns? In der Literatur über Gemeindegründung und apostolische Leiterschaft und Bewegungen lag der Schwerpunkt bisher auf der richtigen Methodik (z.B. DMM/David Watson oder T4T/Ying Kai). Ein gewisses Augenmerk lag dabei auf den Führungsqualitäten und Kompetenzen von Bewegungsgründern, insbesondere auf geistlich geprägten Charaktereigenschaften und Geistesgaben. Die Ergebnisse meiner Forschung gehen jedoch darüber hinaus und zeigen deutlich, dass eine bestimmte Methodik für die Entstehung von Bewegungen weit weniger wichtig ist, als gemeinhin angenommen wird. Die Daten meiner Studien zeigen deutlich, dass bestimmte Eigenschaften und Kompetenzen des Bewegungsstarters einen starken Einfluss auf die tatsächliche Entstehung von Bewegungen haben.
Diese Perspektive ist bisher nur von wenigen formuliert worden. Neill Mims und Bill Smith formulieren als zentrale Erkenntnis aus fast 20 Jahren Forschung über missionarische Bewegungen: „Am Ende des Tages sind es die Männer und Frauen Gottes und nicht die Methode, die Gott segnet“ (Mims & Smith, 2011). Auch Dave Ferguson von Exponential kommt zu dem Schluss: „Je größer die missionarische Wirkung, desto offensichtlicher die apostolische Leiterschaft dahinter“.
Ein Leiter, der nicht über die hier genannten Qualitäten und Kompetenzen verfügt, wird auch die richtige Methode nicht effektiv umsetzen können.
Die Person des Initiators einer Bewegung spielt die größte Rolle bei der Frage, ob eine Bewegung entsteht oder nicht, als die Methode, die er verwendet. Bill Smith ist wieder einer der wenigen, die diese richtige Schlussfolgerung gezogen haben: „Wenn jemand zu mir sagt, zeig mir die Methode oder gib mir den Lehrplan, dann weiß ich, dass er nicht verstanden hat, dass dies [das Initiieren einer Bewegung] durch Menschen und nicht durch Methoden erreicht wird.“
Der richtige Leiter wird die richtige Methode anwenden. Ein Bewegungsstarter, der eine radikale Lernbereitschaft mitbringt, der initiativ und innovativ ist, der über die notwendigen sozialen Kompetenzen verfügt, um Einfluss zu nehmen und Veränderungen herbeizuführen – eine solche Person kann die effektivste Methode für den Kontext, in dem er oder sie arbeitet, finden und anwenden. Eine Person, die in der direkten Anwendung einer bestimmten Methode geschult ist, aber nicht über die hier genannten Eigenschaften und Kompetenzen verfügt, wird diese Methode nicht effektiv anwenden können.
Dies steht in krassem Gegensatz zu den Schlussfolgerungen vieler Veröffentlichungen über Bewegungen, die sich auf Methoden und Prinzipien und nicht auf die Person des Leiters konzentrieren. Ich hoffe, dass die eindeutigen Forschungsergebnisse hier zu einem Paradigmenwechsel führen.
Schlussfolgerungen
Diese Beschreibung eines effektiven Bewegungsstarters liefert uns ein Persönlichkeitsprofil und ein Kompetenzmodell für zukünftige Leiter in missionarischen Bewegungen. Gemeinden, Missionswerke und missionarische Initiativen, die eine Gemeindegründungs- oder Jüngerschaftsbewegung initiieren wollen, tun gut daran, dieses Profil für ihren Dienst zu berücksichtigen. Das Profil kann in verschiedener Hinsicht hilfreich sein:
- Mobilisierung und Auswahl neuer Mitarbeitender
- Begleitung und Mentoring von Mitarbeitenden
- Entwicklung von Fortbildungsmaßnahmen: Auf der Grundlage des Profils können die wichtigsten Eigenschaften und Kompetenzen für Trainingsprogramme ausgewählt und die Lernziele klarer formuliert werden. Dies erhöht die Qualität und Relevanz der Trainingsprogramme.
- Angehende Leiter können sich auf die Eigenschaften und Kompetenzen konzentrieren, in denen sie sich weiterentwickeln möchten (oder müssen), und spezifische Lernziele und -schritte festlegen. Dies kann als Fahrplan dienen, um ein effektiver Bewegungsstarter zu werden.
Wir haben es nicht in der Hand, eine missionarische Bewegung zum Durchbruch zu bringen. Aber unser persönliches Wachstum liegt in unseren Händen!
Die hier vorgestellten Einsichten zeigen uns, was für ein Mensch wir werden wollen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Gott uns gebrauchen kann, um eine Bewegung in Gang zu bringen.
Quellenangaben
Dieser Artikel wurde im englischen Original bereits in einer erweiterten Fassung in „The Person, not the method“, in Mission Frontiers und auf meinem Blog Catalytic leadership veröffentlicht.
- Addison, Steve 2015. Pioneering movements: Leadership that multiplies disciples and churches. Downers Grove: IVP Books.
- Garrison, David 2004. Church Planting Movements: How God is Redeeming a Lost World. Midlothian: WIGTake Resources.
- Mims, Neill & Smith, Bill 2011. “Church Planting Movements: What have we Learned?” Mission Frontiers 33:8.
- Smith, Steve 2014. “A profile of a movement catalyst.” Mission Frontiers 36:38-41.
- Smith, Steve & Kai, Ying 2011. T4T: A discipleship re-revolution. Monument: WIGTake Resources.
- Watson, David L. 2011. Gemeindegründungsbewegungen: Eine Momentaufnahme. 2nd edition. Schwelm: Deutsche Inland-Mission e. V. (only available in German)
- Watson, David & Watson, Paul 2014. Contagious Disciple-Making: Leading Others on a Journey of Discovery. Nashville: Thomas Nelson.
Zuerst erschienen im englischen Original auf www.catalyticleadership.info
Dr. Emanuel Prinz
Emanuel Prinz ist deutscher Nomade für Jesus und wurde von Gott gebraucht, um eine Gemeindegründungsbewegung mit hunderten Gemeinden anzustoßen. Heute dient er Werken und Denominationen weltweit als Consultant für Multiplikation von Jüngern und Gemeinden sowie Leiterentwicklung und coacht christliche Leiter. Er ist der Autor von Movement Catalysts.
Mehr über seinen Dienst findest du auf www.catalyticleadership.info
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